AUCH NOMADEN MACHEN RAST | FOTOESSAY | 2023
In Deutschland werden 72 Prozent des Güterverkehrs mit Lastkraftwagen abgewickelt. Täglich sind durchschnittlich 1,3 Millionen Fahrzeuge auf dem rund 50.000 Kilometer langen, mautpflichtigen Straßennetz unterwegs. Tendenz steigend. Die verursachten CO2 Emmissionen sind hoch, die Abhängigkeit der Industrie, des Handels und der Endverbraucher*innen vom Waren-verkehr mit LKW über den Landweg ist enorm. Dies gilt für ganz Europa.
Gleichzeitig prognostiziert der Weltverband des Straßentransportgewerbes IRU bis 2026 einen Mangel von 2 Millionen Fahrer*innen auf dem Kontinent. Der Beruf gilt als unbeliebt. Die Arbeitsbedingungen sind hart, der Zeitdruck ist immens und die Hinweise auf prekäre Arbeitsverhältnisse häufen sich. Eine Situation die es Billiganbietern ermöglicht, das europäische Transportwesen mit Dumpingpreisen zu überschwemmen. Laut dem Bundesverband Güterkraftverkehr, Logistik und Entsorgung gelingt den Unternehmen dies vor allem durch verantwortungsloses und rücksichtsloses Geschäftsgebaren. Die Leidtragenden sind die Fahrer*innen, die gegenüber ihren Arbeitgeber*innen einem ungleichen Abhängigkeitsverhältnis ausgeliefert sind. Das öffentliche Interesse für ihre Arbeitsbedingungen ist gering.
Um den Bedarf an Arbeitskräften zu decken, werden viele Fahrer*innen aus dem Osten Europas, Zentralasien oder sogar Pakistan und Indien angeworben. So hat sich in Europa eine neue Form der Arbeitsmigration etabliert. Es sind fast ausschließlich Männer, die in den bis zu 40 Tonnen schweren Sattelschleppern unterwegs sind. In der Regel führen sie ein einsames Berufsleben, das sie oft wochen- oder monatelang von ihren Familien trennt. Die gesetzlich penibel regulierten Ruhestunden ihrer Lenkzeiten verbringen sie auf den Park- und Rastplätzen entlang des europäischen Straßennetzes.
Auch auf der Bundesautobahn A6, in der Höhe von Saarbrücken, befindet sich eine solche Anlaufstelle für die Rast über Nacht: Die Raststätte Goldene Bremm liegt auf der Deutsch-Französischen Grenze und somit an einem der wichtigsten Knotenpunkte im Waren- und Grenzverkehr zwischen beiden Ländern. Vor dem Schengener Abkommen wurden hier Grenz- und Zollformalitäten abgewickelt. Heute befinden sich auf dem Gelände zwei Tankstellen mit 100 LKW-Parkplätzen. Anhand der umliegenden, historisch bedeutsamen Orte, wird die besondere Lage der
In Deutschland werden 72 Prozent des Güterverkehrs mit Lastkraftwagen abgewickelt. Täglich sind durchschnittlich 1,3 Millionen Fahrzeuge auf dem rund 50.000 Kilometer langen, mautpflichtigen Straßennetz unterwegs. Tendenz steigend. Die verursachten CO2 Emmissionen sind hoch, die Abhängigkeit der Industrie, des Handels und der Endverbraucher*innen vom Waren-verkehr mit LKW über den Landweg ist enorm. Dies gilt für ganz Europa.
Gleichzeitig prognostiziert der Weltverband des Straßentransportgewerbes IRU bis 2026 einen Mangel von 2 Millionen Fahrer*innen auf dem Kontinent. Der Beruf gilt als unbeliebt. Die Arbeitsbedingungen sind hart, der Zeitdruck ist immens und die Hinweise auf prekäre Arbeitsverhältnisse häufen sich. Eine Situation die es Billiganbietern ermöglicht, das europäische Transportwesen mit Dumpingpreisen zu überschwemmen. Laut dem Bundesverband Güterkraftverkehr, Logistik und Entsorgung gelingt den Unternehmen dies vor allem durch verantwortungsloses und rücksichtsloses Geschäftsgebaren. Die Leidtragenden sind die Fahrer*innen, die gegenüber ihren Arbeitgeber*innen einem ungleichen Abhängigkeitsverhältnis ausgeliefert sind. Das öffentliche Interesse für ihre Arbeitsbedingungen ist gering.
Um den Bedarf an Arbeitskräften zu decken, werden viele Fahrer*innen aus dem Osten Europas, Zentralasien oder sogar Pakistan und Indien angeworben. So hat sich in Europa eine neue Form der Arbeitsmigration etabliert. Es sind fast ausschließlich Männer, die in den bis zu 40 Tonnen schweren Sattelschleppern unterwegs sind. In der Regel führen sie ein einsames Berufsleben, das sie oft wochen- oder monatelang von ihren Familien trennt. Die gesetzlich penibel regulierten Ruhestunden ihrer Lenkzeiten verbringen sie auf den Park- und Rastplätzen entlang des europäischen Straßennetzes.
Auch auf der Bundesautobahn A6, in der Höhe von Saarbrücken, befindet sich eine solche Anlaufstelle für die Rast über Nacht: Die Raststätte Goldene Bremm liegt auf der Deutsch-Französischen Grenze und somit an einem der wichtigsten Knotenpunkte im Waren- und Grenzverkehr zwischen beiden Ländern. Vor dem Schengener Abkommen wurden hier Grenz- und Zollformalitäten abgewickelt. Heute befinden sich auf dem Gelände zwei Tankstellen mit 100 LKW-Parkplätzen. Anhand der umliegenden, historisch bedeutsamen Orte, wird die besondere Lage der
Goldenen Bremm als europäische und internationale Schnittstelle sichtbar. Südlich erhebt sich die Spicherer Höhe. Im Zuge des Deutsch-Französischen Krieges fügten preußische Truppen dem französische Heer hier am 6. August 1870 mit 25.000 Todesopfern eine empfindliche Niederlage zu. Und auch 200 Meter nördlich der Raststätte findet man mahnende Zeugnisse der Vergangenheit. Während des »Dritten Reichs« errichtete die Gestapo-Stelle Saarbrücken hier zwischen 1943 und 1944 das Barackenlager Neue Bremm unter dem Deckmantel eines »Erweitertes Polizeigefängnis« für Männer und Frauen. Trotz der überschaubaren Größe und der kurzen Haftzeit der Häftlinge stand das Gestapo-Lager an der Neuen Bremm größeren Konzentrationslagern wie Natzweiler-Strutthof, Buchenwald oder Ravensbrück in ihren Foltermethoden und der Ermordung von Menschen in nichts nach.
In dieser geschichtlichen Gemengelage verbringen die pausierenden Lastkraftfahrer*innen die Ruhestunden ihrer Lenkzeiten. Die Freizeit nutzen sie zur Zubereitung von Mahlzeiten auf improvisierten Kochstellen. An den Frontscheiben der Zugmaschinen hängen Wimpel aus Polen, Peru, der Ukraine, Kirgisistan, Russland oder Georgien. Darüber thronen Satellitenschüsseln, die das heimische Fernsehprogramm auf die Bildschirme in den Führerkabinen übertragen. Mit Hilfe digitaler Signale wird der Kontakt zu den weit entfernten Familien auf die Handydisplays gehalten. Teilweise bis in den Punjab, im tausende Kilometer entfernten Nord-Westen Indiens.